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Gentle Breeze Entraining Herbage Seeds

by Atrophic

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"Gentle Breeze Entraining Herbage Seeds" – Dieser Name beschreibt in seinem Wesen schon einige Charaktermerkmale des vorliegenden Meisterwerks der nunmehr sogenannten mittleren atrophischen Schöpfungsperiode. Im Gegensatz zu den letzten beiden Alben, wo der Kontrast von aggressiver Dreistigkeit und nachdenklichem Schwermut die Klanglandschaft bestimmte, zeigt sich hier eine sanftere, leichtfüßige Seite der Atrophie. Charakteristisch dafür sind die schnellen, gleitenden Tonläufe, die in dieser Ausprägung vorher kaum vorhanden waren und somit eine wichtige Neuerung darstellen. Gleich im Eröffnungssong "About the Total Value of a Tonal Avenue" werden sie vorgestellt, und sofort erkennt man eine gewisse Tonalität und einen für atrophische Verhältnisse beruhigenden Wohlklang. Dennoch erzeugen die Tonläufe eine atemlose Dramatik, die sich durch die Verknüpfung und Übereinanderschichtung der verschiedenen Themen noch verstärkt. Die Atrophie gibt sich hier also hörbar, mitnichten aber weniger komplex.

Besonders anschaulich lässt sich diese neue Atrophie wohl im Titelsong betrachten. Anfangs wird durch eine pianoartige, fröhliche Melodie das Wachsen einer Pflanze symbolhaft angedeutet. Nun folgen die eingehend erläuterten schnell gleitenden Tonpassagen. Hier kann sozusagen nachempfunden werden, wie eine leichte Brise eine Vielzahl von Unkrautsamen rasch weitläufig verteilt. Die im weiteren Verlauf des Songs auftretenden stampfenden Rhythmen stehen in diesem Zusammenhang für das Aufbrechen der harten Schale eines Samenkorns durch einen Keimling. Schnelle Tonläufe zeigen auf, dass dieser Vorgang vielerorts gleichzeitig in großer Zahl stattfindet. Anschließend kann man wieder die fröhliche, pianoartige Melodie vernehmen, die das Pflanzenwachstum im weiterführenden Sinne einläutet. Dieser ewige Kreislauf einer (hier: Unkraut-)Pflanze wird musikalisch kunstfertig umgesetzt. Programmmusik in ihrer besten Form also.

Dieser für atrophische Verhältnisse sanfte, unaufgeregte Beginn des Albums trügt aber. Auch chaotische Lärmpassagen und Dissonanzen spielen eine wichtige Rolle, werden aber dosierter und effektiver eingesetzt. Am drastischsten werden sie wohl in "The Perfidy Within a Confraternity of Desert-Wallahs" verwendet, das nach einigen wohlklingenden Akkorden und gesprochenen Introsequenzen aus dem Stimmrepertoire dieses Albums den atrophischen Lärm in all seiner Verwirrung zelebriert. Doch selbst die chaotischsten Passagen entbehren hier, anders als in früheren Werken, keiner Melodiösität, sondern erscheinen rhythmisch und klanglich, obwohl eigentlich unsinnig, strukturiert und wohlkomponiert. Hier lässt sich feststellen, dass die gleitenden, die Notenlinien erkletternden Tonläufe dieses Albums keineswegs eine Neuerfindung sind, sondern sich aus dem Ursprungstypus der Lärmpassage weiterentwickelt haben. Dieser Song stellt somit eine Art Überbrückung der beiden Welten dar.

Das kompositorische Geschick der Atrophie erreicht auf diesem Album einen neuen Höhepunkt. Da gibt es zum Beispiel "The Pursuit of Scrappiness", dessen anfangs besonnen-strukturierte Gitarren-Fröhlichkeit schnell von Avancen an atrophische Urklänge und wilde Drums abgelöst wird. Die verschiedenen Elemente vereinen sich erst im Ende des Songs zur einer einzigartigen Klangstruktur und entladen so effektiv die Spannung des Stücks. Dieselbe Spannung, aber in umgekehrter Richtung, liegt "Lewd People Working a Trench" zugrunde, das mit überhaupt nicht wohlklingenden, dreisten Rhythmen beginnt und dann in eine fließende, orgelartige Instrumentierung umschlägt. Das Stück ist auch im weiteren Verlauf durch den Kontrast zwischen klappernden, schlagenden Rhythmen und ruhigen, nachdenklichen Kirchorgelklängen bestimmt, wobei dumpfe, tiefe, sehr typische Vokalien den rauchigen Charakter der zu begleitenden Tonpassagen untermalen. Gegen Ende wird das Anfangsthema dann von den verschiedenen im Stück verwendeten Instrumenten aufgegriffen und das Stück so zu einem logischen Abschluss gebracht.

Auch die Produktion unterstützt den einzigartigen Charakter des Albums durch einen basslastigen, gedämpften Sound, der ohnehin düsteren Songs wie "Divulging the Heraldic Motto of a Concerto-Grotto" oder "Unbearable Drabness of Fishing in the Beyond Prospect of a Dweeb" eine zurückgehaltene, aber unbestreitbar majestätische Würde verleiht. Auch hier lassen sich natürlich die Tonläufe finden, die den Hörer hypnotisieren und in die Kompositionen versinken lassen. Doch in typisch atrophischer Manier muss die Epik natürlich durch dreiste, unrythmische Klänge und lächerliches Instrumentarium wie Vögelgezwitscher aufgebrochen werden. In "Flaunting an Immaculate Stack of Wood" erfindet sich ein einprägsames Thema durch geschickten Einsatz von Klangeffekten immer wieder neu. Besonders aufregend ist hier auch die Übereinanderschichtung von einer simplen Grundmelodie und extrem schnellen Passagen durch klug eingesetzte Steroeffekte. Im abschließenden "Inaugurating a Naval Natal Raft" gelingt es sogar, durch Halleffekte die fortlaufend-melodischen Tonläufe mit dreist-atrophischen Einwürfen und spannender Perkussion zu einem Ganzen verschmelzen zu lassen.

The Naff's Erstlingswerk "Compulsory Attendance of a Steam Roller" ist vielleicht das Stück, das sich auf dem ganzen Album am wenigsten in das Klangkonzept einfügt. Hier wird fast ausschließlich mit rasanten Notenattacken in hoher Geschwindigkeit gearbeitet. Diese Komposition ist jenseits von allem, was irgendwie charakterisierbar im atrophischen Sinne wäre, trägt jedoch durch ihren atrophischen Grundcharakter der etwas anderen (aber nicht unbedingt schlechteren) Art zu einer durchaus gelungenen Abwechslung bei. Ebenfalls außergewöhnlich, aber unbestreitbar Höhepunkte des Albums, sind "Ceremonial of Atonement for the Gods of Booze and Gluttony" mit seinen Schrottplatzklängen und kompositorisch unübertroffenen, harmonisch unkategorisierbaren Melodiebögen sowie "Mesmerized by a Civic Amenity Site in an Urban Archaeology", das die charakteristischen Tonläufe auf geschickte Weise aufeinanderschichtet und gegenüberstellt, wodurch sich aus wenigen Bausteinen stets neue Klangmuster ergeben. Begleitet wird das Ganze von komplexen, präsizen Drums, die die Struktur der Komposition offenbaren und klanglich an das Zischen einer Dampflok erinnern. Verstärkt wird dieser Eindruck noch durch den Mittelteil, wo sowohl die Rhythmik als auch das Instrumentarium ganz klar eine fahrende Dampflok nachahmen. Man kommt nicht umher, festzustellen, wie geschickt und subtil Atrophic die Metapher der Dampflok einsetzen, um ein Statement zur Schnelllebigkeit und Vergänglichkeit der heutigen Gesellschaft abzugeben. Grandios.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei diesem Album zwar natürlich stets auch die typischen atropischen Merkmale zur Grundwürze des Werkes beitragen, hier jedoch auch durchaus einzigartige, für dieses Album charakteristische Stilmerkmale etabliert werden. Diese neuartige Klangwelt, verbunden mit dem selbst für atrophische Verhältnisse hohen Niveau der Kompositionen (so gut wie jedes Stück ist ein atrophischer Klassiker), macht den Reiz dieses Albums aus, das mit Sicherheit zu dem Allerbesten gehört, was die Atrophie zu bieten hat. Nicht umsonst lautet das Zitat zum Ende des Albums: "That was very interesting music."

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released June 19, 2011

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Atrophic Bensheim, Germany

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